Forschungsbereich A – Einspielen or: Making the Game Work

Mit der ersten Modalität, „Einspielen oder: Making the Game Work" befassen wir uns mit dem Spiel in seiner Entstehung (seinem Werden) und beobachten, wie und was es bedeutet, wenn jemand ein/e SpielerIn wird. Aus einer genealogischen Perspektive konzentrieren wir uns auf die Spielbarkeit von Regeln, Strukturen und spezifischen Spielelementen. In dieser ersten Modalität erfassen wir die Entstehung von Beziehungsstrukturen zwischen SpielerInnen, Spielelementen und Situationen, die Spielpraktiken zwischen Gamification und Workification übersetzen, wobei Spiel in Arbeit umschlagen kann oder umgekehrt.

Teilprojekte

A01: Game and World – Real World References of Serious Gaming

Prof. Dr Jochen Koubek, Fachbereich Medienwissenschaft, Universität Bayreuth

Serious Gaming ist eine Spielpraxis, bei der die Spielende die Spielwelt mit der realen Welt auf verschiedene Arten in Beziehung setzen. Im Teilprojekt A01 wird diese Praxis aus einer ludologischen Perspektive als künstlerische Simulation untersucht, die sich einerseits im spielerischen Umgang mit dynamischeModellen mit epistemischer Affordanz zeigen, andererseits aber vielschichtig in ihren Bedeutungsangeboten sind

A02: En-/Disabling Practices between Gamification and Workification

Prof. Dr Beate Ochsner, Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften, Universität Konstanz

Seit einigen Jahren spielen Barrierefreiheit und (digitale) Partizipation eine wesentliche Rolle in der in der HCI. Lange Zeit schenkte die Spieleindustrie Menschen mit Behinderungen jedoch wenig Beachtung. Im Zuge verschiedener Vereinbarungen, gesetzlicher Regelungen, Richtlinien zur Barrierefreiheit und des Behindertenaktivismus sind diese in letzter Zeit stärker in den Fokus gerückt.
Während die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Bemühungen schwer zu messen sind, ist es notwendig zu untersuchen, inwieweit diese Bemühungen nicht nur zu einer zunehmenden Autonomie und Kreativität behinderter SpielerInnen und Spiele (Gamification) führen, sondern gleichzeitig mit einer Intensivierung neoliberalistischer Ziele der Arbeit(ifizierung) am Selbst in "ernsthaften" Kontexten wie Bildung und Gesundheit, aber auch im Unterhaltungssektor verbunden sind.
Jenseits des Nachdenkens über individuelle körperliche oder geistige Beeinträchtigungen oder deren mögliche "Behebung" betrachtet das Teilprojekt Behinderung als Methode, 1) um die sozialen und kulturellen Normen zu fokussieren, die in die Unzugänglichkeit des Spielens eingeschrieben sind, und 2) um das kreative Potenzial adaptiver Infrastrukturen zu erkunden des Spielens.

A03: Deepening and Transcending the Game. Medieval Court Culture Between Routines and Transgression

Prof. Dr Bent Gebert, Fachbereich Literatur-, Kunst-, und Medienwissenschaften , Universität Konstanz 

Das Projekt untersucht die Herausbildung von Routinen und deren Überschreitung in (1) mittelhochdeutscher Liebesdichtung und (2) didaktischen Schriften des 12. bis 14. Jahrhunderts. Ausgehend von historischen Semantiken von ‚spil‘ und ‚arebeit‘ und ihren Interferenzen werden ernsthafte Spielpraktiken des höfischen Minnesangs und didaktischer Diskurse analysiert, die ihre Regeln und Grenzen durch Variation und Überschreitung weniger gefährden als vielmehr konstituieren und stimulieren.(3) In vergleichender Perspektive liegt das besondere Augenmerk darauf, wie diese wechselseitige Dynamik die Kulturgeschichte des Serious Gaming sowohl in Modellen höfischer Interaktion als auch in deren ästhetischen Potentialen prägt.

A04: Gamification and Psychic Health. Cultural and Interactional Perspectives on Analogous and Digital Therapy Games

Prof. Dr Christian Meyer, Fachbereich Geschichte, Soziologie, Sportwissenschaft und  empirische Bildungsforschung, Universität Konstanz

Teilprojekt A04 untersucht Methoden der Spieltherapie (Systemaufstellung, Psychodramaund Sandspieltherapie) als Formen sozialen Spiels. Es fokussiert auf Momente der Symbolisierung, Simulation und freien Variation innerhalb eines klar umrissenen und kontrollierten Kontextes expliziterRegeln, begrenztermateriellerRessourcen und zeitlicherGrenzen. Ihredigitale und analoge Anwendung wirdim Hinblick auf (1) inkrementelle Interaktionsdynamiken, (2) Modalitäten der Symbolisierung, Simulation und freien Variation sowie (3) kulturspezifische Ressourcen und (4) sozio-technische Merkmale untersucht.

A05: Decision Paths and Escape Routes in Serious Gaming Arrangements. On the Algorithmic and Cultural Formation of (Im)possible Choice

Prof. Dr Isabell Otto, Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften, Universität Konstanz

A05 beschäftigt sich mit der Verschränkung von algorithmischer und kultureller Wissensproduktionin digitalen Spielen zum Thema Flucht und Migration. Algorithmische Formation bezieht sich auf die spielmechanische Anpassung der SpielerInnen an das Regelsystem digitaler Spiele, während kulturelle Formation das im Spielprozess verhandelte und neu produzierte Wissen bezeichnet. Im Mittelpunkt stehen Entscheidungssituationen, in denen die Codierungen verzweigter Datenarchitekturen mit normativen Aufforderungen an die Spieler verschränktsind, die 'richtige' Wahl zu treffen.

A06: User Modelling for Personalisation: Learning from Serious Gaming Approaches

Prof. Dr Daniel Keim, Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft, Universität Konstanz

Unser primäres Ziel ist die Erforschung von Methoden und Designansätzen zur Entwicklung von personalisierten Nutzer-Modellen im Rahmen von Visual Analytics Anwendungen. Ausgehend von Erkenntnissen aus dem Forschungsfeld Serious Gaming und in enger Zusammenarbeit mit Forschenden aus den kollaborierenden SFB-Bereichen, unter anderem der Psychologie und den Kulturwissenschaften, werden wir Nutzermodelle und Nutzer-repräsentative Merkmale entwickeln. Darüber hinaus werden wir, basierend auf unserem früheren Arbeiten im Bereich Gamefu lVisual Analytics, die Integration von Spielelementen in Visual Analytics Anwendungen in Bezug auf ihr Motivationspotenzial hin untersuchen. Bei der Sammlung der notwendigen Daten, die zur Nutzermodellierung und zur Anpassung von Spielelementen notwendig sind, konzentrieren wir uns auf einen konkreten Anwendungsfall, der dieVerbesserung der Visualisierungskompetenz zum Thema hat.