Forschungsbereich B – Mitspielen or: Cooperating and Competing

Die zweite Modalität, „Mitspielen oder: Cooperating and Competing“, konzentriert sich auf die Beziehungen und gegenseitigen Anpassungen zwischen den verschiedenen Akteuren. Zentrale Fragen sind die spezifischen Möglichkeiten und Bedingungen des Spielens mit bestimmten digitalen und analogen Spielmaterialien und des gemeinsamen Spielens, des Kooperierens und/oder des Konkurrierens innerhalb bestimmter Spielumgebungen. Wir fragen, welche Vorteile und Effekte zu einer Erhöhung oder Verringerung von (Selbst-)Anpassung, Personalisierung und Maßschneiderung führen und wie sich unterschiedliche Grade von sensorischem Engagement, Immersion, Selbstreflexion und Medienbewusstsein auf Spielprozesse und -ergebnisse auswirken können. Das gemeinsame Spielen geht auch mit spielerischen (oder gamifizierten) Lernprogrammen einher, um verantwortungsvolles Verhalten zu fördern, das gemessen, kontrolliert und vorhergesagt werden kann. Es geht also nicht nur um menschliche SpielerInnen, sondern auch um Messgeräte, Kontrollsysteme, Wissen und Fähigkeiten sowie um ZuschauerInnen oder ForscherInnen, die potenziell zu SpielerInnen und MitarbeiterInnen werden.

Teilprojekte

B01: Serious Math Gaming in Early Childhood: A Multi-Method Analysis of Numerical Play in Natural Settings

Ass.Prof. Dr Manuel Ninaus, Institut für Psychologie, Digital Psychology Lab, Universität Graz (AU)

Das Projekt konzentriert sich auf drei Aspekte des spielbasierten Mathelernens: 1) die Mechanismen, die den Erwerb numerischer Kompetenzen erhöhen/reduzieren; 2) die kontextuellen Faktoren, unter denen das numerische Spiel in der frühen Kindheit stattfindet; und 3) die Einflüsse von Motivation und Emotion im Spiel. Zur Untersuchung dieser Aspekte eine Meta-Analyse durchgeführt. Die Ergebnisse werden die Gestaltung anschließender empirischer Studien informieren, die Eltern-/Lehrerfragebögen sowie Beobachtungsstudien in natürlichen Lernsituationen beinhalten werden.

B02: The Dynamics Between Gamification and Workification in Parent-Child Interactions

Prof. Dr Bettina Braun, Fachbereich Linguistik, Universität Konstanz/Junior Prof. Dr Katharina Zahner-Ritter, Abteilung II Phonetik, Universität Trier

Dieses experimentelle Projekt untersucht, die phonetischen Merkmale in der Sprache de rEltern zu ihren 1-2 jährigen Kindern (gamification), und manipuliert die Ernsthaftigkeit (workification) dieser Eltern-Kind-Interaktionen in zwei verschiedenen Situationen: eine Worterkennungsaufgabe (Eye-Tracking, 12 und 18 Monate), die die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder adressiert und eine Turmbau-Aufgabe (24 Monate), die einen Fokus auf leicht beobachtbare motorisch-kognitive Aspekte der kindlichen Entwicklung legt. Im Projekt manipulieren wir also die Zweckgebundenheit des Spiels in longitudinaler Perspektive und „messen“ den Grad der gamification über die Zeit des Experiments hinweg und hinsichtlich der kindlichen Entwicklung (12-24 Monate) sowie den Erfolg der elterlichen gamification. Das Projekt lotet das Spannungsfeld zwischen gamification und workification an der Schnittstelle zwischen Phonetik und Entwicklungspsychologie aus und liefert Erkenntnisse für das (wahrgenommen) gesteigerte gesellschaftliche Interesse an der frühkindlichen Entwicklung.

B03: The Fun of Digital Cuts and Virtual Bodies: Haptic Knowledge and Serious Gaming in Anatomical Learning and Minimally invasive Surgery Training

Junior Prof. Dr Robert Stock, Fachbereich Kulturgeschichte und -theorie, Humboldt-Universität Berlin

Viele Untersuchungen zur Digitalisierung der medizinischen Ausbildung konzentrieren sich auf die Effizienz von Lern-/Lehrszenarien. Es ist jedoch wichtig, sich mit der Art und Weise zu befassen, in der die digitalisierte medizinische Ausbildung dazu beiträgt, die Unterscheidung zwischen Lernen und Spielen weiter zu verwischen. Auf der Grundlage medienethnografischer Methoden zielt dieses Projekt darauf ab, die bröckelnde Dichotomie von Arbeit und Spiel besser zu verstehen, indem es die sozio-materiellen Assemblagen digitaler Medien und sensorischer Praktiken, die Berührung und Sehen einschließen, durchdenkt. Indem es sich auf spielerische Lehr-Lern-Szenarien der (digitalen) Anatomie und der Ausbildung in minimalinvasiver Chirurgie konzentriert, analysiert das Projekt den Aufbau von Wissen als verkörperte und multisensorische Erfahrung, die durch materielle Entitäten und digitale Medien geformt wird, sowie die Normen und Episteme, die sie einschreiben.

B04: Serious Literary Gaming: The Cultural Work of Reading and Writing Games in 20th- and 21st-century Experimental Literature

Prof. Dr Heike Schäfer, Institut für Anglistik und Amerikanistik, Goethe-Universität Frankfurt

Das Teilprojekt untersucht Schreib-und Lesespiele in der experimentellen Gegenwartsliteratur und fragt danach, welche literarische und kulturelle Arbeit diese Spiele leisten. Wir begreifen Serious Literary Gaming als eine kreative Praxis, die einerseits literarische Innovationen vorantreibt und die kulturelle Relevanz der Literatur in einer zunehmend gamifizierten Kultur gewährleistet, und die Formen des kollaborativen Spiels bietet, die die kreative und soziale Handlungsfähigkeit von AutorInnen und LeserInnen erweitern, die andererseits aber auch ihre Interaktionen einer neoliberalen Logik unterziehen und die Instrumentalisierung literarischer Praktiken ermöglichen kann.

B05: Effectivity Gain via Individualisation: Recursive Dynamic Adaptation

Prof. Dr Ulf-Dietrich Reips, Fachbereich Psychologie, Universität Konstanz

Subprojekt B05 untersucht die Einflüsse der Individualisierung im Kontext von Serious Gaming im Internet-basierten Spiel und in der virtuellen Realität. Dabei zielt es auf die Untersuchung des Einflusses von Anpassungen in der Spieleumgebung und -mechanik auf die Praktiken, Verhaltensweisen und Erlebnisse im Serious Gaming. Dieses sogenannte Tailoring erfolgt üblicherweise auf Basis demographischer Charakteristika, wie z.B. Alter oder Geschlecht. Wir schlagen Tailoring durch psychologische Variablen vor (z.B. Persönlichkeit, Präsenz, Perspektive, Erwartungen oder Verhalten der Teilnehmenden). Das Tailoring erzeugt eine stärker individualisierte Passung und größere Relevanz der Inhalte und Umgebung für die spielende Person. Die Effektivität des Tailorings im Hinblick auf die Ziele des Serious Game und subjektive Aspekte des Spielens wird im TP experimentell in Internet-basierten und VR-Spieleumgebungen getestet.

B06: Game Elements for Health Apps: Essential or Superfluous?

Prof. Dr Martina Kanning, Fachbereich Geschichte, Soziologie, Sportwissenschaft und Empirische Bildungsforschung, Universität Konstanz/Junior Prof. Dr Laura König , Bildungsforschung, Lebenswissenschaften, Universität Bayreuth

Mobile Gesundheitsinterventionen wie Smartphone-Apps und Wearables können nachweislich einen gesunden Lebensstil fördern, werden aber derzeit nicht ausreichend genutzt. Gamifizierte Elemente können die Nutzung mobiler Interventionen fördern und deren positive Auswirkungen verstärken. Es ist jedoch wenig darüber bekannt, welche gamifizierten Elemente fürwelche Nutzergruppen am wirksamsten sind und ob sie unter bestimmten Umständen mehr schaden als nutzen könnten. Dieses Teilprojekt untersucht diese Fragen im Zusammenhang mit dem Nutzen und den gesundheitlichen Auswirkungen mobiler Interventionen zur Förderung von körperlicher Aktivität. Das Projekt wird eine umfassende, transdisziplinäre Taxonomie von gamifizierten Elementen in mobilen Interventionen entwickeln, erfolgreiche gamifizierte Elemente durch Meta-Regression identifizieren, interindividuelle Unterschiede in einer Befragung untersuchen und schließlich die Ergebnisse in einer experimentellen Studie integrieren.

B07: Group Adaptation in Exergames

Junior Prof. Dr Tiare Feuchtner, Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft, Universität Konstanz

Dieses Projekt erforscht Serious Gaming zur Förderungder körperlichen Gesundheit und Fitness durch „Exergames“, welche in immersiver virtueller Realität (VR) von mehreren Personen gemeinsam gespielt werden. Exergames bewirken durch Gamification Spaß an der körperlichen Anstrengung, und integrieren andererseits auch gesundheitsfördernde Maßnahmenin bereits populäre Spiele(Workification). Wir werden, basierend auf den individuellen Fähigkeiten und Trainingszielen einzelner Spieler in einer Gruppe, Mechanismen zum Balancing von Exergames untersuchen.Solch eine Gruppenanpassung soll das Flow-Erlebnis unterstützen, Dropout reduzieren und letztendlich den gesundheitlichen Nutzen des Exergames steigern.

B08: Investigating Effects of Person-Gamefit in Virtual Cycling on Participation, Performance, and Gaming Experience

Prof. Dr Julia Schüler/Dr habil. Wanja Wolf, Fachbereich Geschichte, Soziologie, Sportwissenschaft und Empirische Bildungsforschung, Universität Konstanz

Am Beispiel virtuellen Radfahrens untersucht unser Teilprojekt die Gamifizierung von Sport und Training in virtuellen Umgebungen. Im Kern interessiert uns der Einfluss personale rund sozialer Faktorenauf die Wahl unterschiedlicher Spielmodi und wie diese Wahl (und die Einschränkung dieser Wahlfreiheit) verschiedene Aspekte von Leistung und Engagement beeinflusst. Teil 1 greift auf „Feldlabore“zurück, um die Zusammenhang zwischen den Persönlichkeitsprofilen erfahrener Radfahrer*innen, dem präferierten Spielmodus und der Leistung zu untersuchen. Mit einer umfassenden experimentellen within*between Personen Design testen wir in Teil 2 die Effekte von experimentell variierten Spielmodi auf die Leistung, sowieauf sportspezifische psychologische und physiologische Variablen. Mit diesem Teilprojekt wollen wir zu einem besseren Verständnis davon beitragen, wie Menschen ihren Sport „gamifizieren“, wie die Passung zwischen Spielparametern und der Person Leistung und Engagement beeinflussen und ob die Restriktion der Art und Weise wie das Spiel gespielt wird (z.B., wenn spezifische Trainings/Spielformen extern vorgegeben werden) möglicherweise negative Konsequenzen haben.