Forschungsbereich C – Ausspielen or: Putting the Game to Work

Die dritte Modalität des „Ausspielens oder: Putting the Game to Work“ verweist auf ein mögliches Ende des Spiels, auf sein Ende und den Beginn der Arbeit (putting the game to work) und damit auf die Grenzen des Spiels. Es verweist auch auf die Möglichkeit und Produktivität des Wiedereinstiegs und der Fortsetzung des Spiels. Ausspielen reflektiert einerseits das Ende des Spiels, andererseits kann Ausspielen auch bedeuten, eine bestimmte weitere Option aufzugeben oder einen (digitalen) Gegner auszuspielen. Damit ist aber nicht zwangsläufig das tatsächliche Ende des Spiels gemeint, sondern es können aus dieser Situation heraus neue Bedingungen für die Weiterführung entworfen werden. Ausspielen konzentriert sich also auf Möglichkeiten, weiterzuspielen, die SpielerInnen im Spiel zu halten und das Spiel in seiner sozialen, kulturellen und ökonomischen Produktivität und Kapitalisierung zu nutzen.

Teilprojekte

C01: Stick to the Game. Practices of Serious Gaming in the Context of Servitisation

Prof. Dr Beate Ochsner/Dr Judith Willkomm, Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften, University of Konstanz

In C01 konzentrieren wir uns auf Servitisation als eine Form der Partizipation, die es einerseits ermöglicht, Gewinne zu optimieren und andererseits Autonomie, Gestaltungsspielraum und Teilhabe der Spieler*innen zu fördern. Wir fragen: Wer erbringt für wen eine Dienstleistung und wer profitiert letztlich davon? Wir betrachten nicht nur die Interdependenzen und Verbindungen zwischen Spieler*innen und Publishern, sondern auch die neuen Rollen, Berufe und Aufgaben, die mit neuen Formen der Dienstleistung entstehen. Wir tun dies, indem wir 1) fragen, wie die Fußballsimulation EA SPORTS FIFA die Grenzen zwischen Arbeit, Sport und Spiel vor dem Bildschirm und auf dem Spielfeld verwischt? und 2) wie das datengetriebene Spielen im Multiplayer-Online-Battle-Arena-Spiel LEAGUE OF LEGENDS die Grenzen zwischen Gelegenheits-und Profispieler*innen und zwischen improvisierten und professionellen Datenpraktiken verwischt?

C02: Speculation as a Cultural Practice Between Work and Play

Junior Prof. Dr Stefan Leins, Fachbereich Geschichte, Soziologie, Sportwissenschaft und Empirische Bildungsforschung, Universität Konstanz

In einer Zeit, in der die globalen Finanzmärkte dominieren, ist das wirtschaftliche Handeln unter anderem durch Spekulation gekennzeichnet. Eine spekulative Logik zeichnet sich durch ihre Unberechenbarkeit und ihre Existenz zwischen Arbeit und Spiel aus. In zwei empirischen Feldstudien zu Kryptowährungen wird in diesem Teilprojekt untersucht, inwieweit spekulative Praktiken als Serious Gaming verstanden werden können. Indem es sich auf die Konzepte der Workification und Gamification beruft, will das Projekt zeigen, wie wirtschaftliche und soziale Logiken voneinander abhängig sind und wie Spekulation als kulturelle Praxis zwischen Arbeit und Spiel oszilliert.

C03: Ludification of Work in Historical Perspective

Prof. Dr Anne Kwaschik, Fachbereich Geschichte, Soziologie, Sportwissenschaft und Empirische Bildungsforschung, Universität Konstanz

Das Teilprojekt (TP) erforscht historischen Grenzziehungen zwischen Arbeiten und Spielen und schlägt eine Neubewertung von zwei historischen Schlüsselkonstellationen vor: a) Es hinterfragt die Etablierung des modernen Arbeitsbegriffs, seine Auswirkungen und Grundlagen in Gegenentwürfen und Kritik im frühen 19. Jahrhundert und bezieht sich dabeiauf transgressive Arbeitskonzepte und -praktiken (WP1/WP2); b) Es erforscht digitale Arbeitswelten im 20./21. Jahrhundert, die durch die Nutzbarmachung des Spielens gekennzeichnet sind. Ziel des TP ist es, die wechselseitige Bezogenheit von Arbeiten/Spielen vom Frühsozialismus bis zum digitalen Kapitalismus zu demonstrieren.

C04: Ludification of Markets in Historical Perspective

Prof. Dr Hartmut Berghoff, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Göttingen

Wie werden Märkte ludifiziert? In diesem wirtschafts-und sozialgeschichtlichen Projekt erforschen wir zwei Wege: Einerseits kann Spiel von Marktveranstaltern bewusst in das Marktgeschehen eingewoben werden; dies wird für Warenlotterien und Gewinnspiele untersucht. Andererseits übt man spezifische Marktpraktiken oft im Spiel ein, bevor sie "ernsthaft" durchgeführt werden. In der anschließenden workification des Übungsspiels strukturiert und formt dieses wirtschaftliche Praxis, wie man für Finanzmärkte und das Börsengeschehen zeigen kann.

C05: “Game of Thrones”. On the Development of Social and Gender Orders Using the Example of Early Modern Play-ing Cards and Board Games

Prof. Dr Karin Leonhard, Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften, Universität Konstanz

Spielkarten und Brettspiele sind buchstäblich vielseitige Objekte, die ihren Weg in soziokulturelle Räume gefunden haben. Sie transportieren Bilder und bildliches Wissen und stellen soziale Ordnung dar. Spielobjekte der frühen Neuzeit offenbaren sich deshalb als „Bilderfahrzeuge“ (Aby Warburg), deren spezifisches Bildprogramm konkrete Formen des Spiels differenzieren und verhandeln. Teilprojekt C05 "Games of Thrones" untersucht auf diskursanalytischer Ebene die Praxis der gesellschaftlichen Verhandlung von Geschlechterordnungen am Beispiel frühneuzeitlicher Spielkarten und Brettspiele. Die soziokulturelle Bedeutung dieser Medien wird unter anderem durch die zeitgenössische Zweitverwendung der Spielkarte in der Porträtminiaturmalerei erklärt. Spielkarten und Brettspiele der frühen Neuzeit sollten daher nicht als rein historische Objekte betrachtet werden, die den digitalen Spielpraktiken vorausgingen.Vielmehr ist die Systematik der Spielgegenstände in Hinblick auf ihre strukturellen Eigenheiten als Medium kultureller Aushandlungsprozesse zu begreifen.

C06: Game Co-Design as Critical Discourse, Educational Heuristic and Economic Opportunity

Prof. Dr Isabell Otto, Fachbereich Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaft, Universität Konstanz

C06 untersucht das methodische und konzeptionelle Potenzial des Co-Designs von Spielen durch die Entwicklung und Evaluierung von Co-Design-Techniken mittels digitaler, analoger und hybrider "Spiele-als-Material" – verstanden als Gegenbegriff zu "Spiele-als-Produkt", der die Offenheit und Prozesshaftigkeit von Spielmaterialien in den Vordergrund stellt. Durch Co-Design wird die vorläufige und stets unfertige Qualität prozeduraler Argumente weiter expliziert und für kreative Interventionen geöffnet. Das TP ist transferorientiert, insofern es auf die Entwicklung von Konzeptideen für Spin-offs abzielt.